Manchmal wird es einfach zu viel. Mare Nostrum [1]Habe den Artikel vor zwei Wochen angefangen, da war das grad in den Medien, mittlerweile natürlich schon längst wieder Schnee von gestern >Kurzinfo geht, TTIP [2] >Kurzinfo kommt, in Syrien werden Menschen abgschlachtet, auf der ganzen Welt Tiere, und zwischendrin sitze ich und fühle mich unendlich hilflos. Jegliche Handlungsfähigkeit wird erstickt durch das Gefühl der Machtlosigkeit angesichts all dieser Ungerechtigkeit, dieser Brutalität, dieser Gier und dieser Gefühllosigkeit. Die Handlungsoptionen schrumpfen auf „sich verkriechen und weinen oder einen Boxsack malträtieren“ und „sich ablenken und nicht mehr dran denken“. Ich kann es niemandem verdenken, der das tut. Ich schalte selbst auch oft das Radio aus und scrolle über Beiträge auf Facebook hinweg, weil ich das einfach nicht ertrage und diese Informationen mir nicht weiterhelfen, sondern mich einfach nur lähmen. Ich kann nicht jede Petition mitzeichnen – ganz abgesehen vom Nutzen, könnte ich sonst den ganzen Tag nur damit verbringen. Ich kann nicht jedes Problem dieser Welt lösen – ehrlich gesagt, kann ich überhaupt gar keines alleine lösen. Ich kann mich auch nicht um Probleme kümmern, die auf der anderen Seite des Erdballs stattfinden – außer durch Geldspenden, die eventuell auch nicht dort ankommen, wo sie helfen können. Ich kann mich nur auf das Hier und das Jetzt konzentrieren. Und ich muss wissen – ahnen reicht vielleicht auch schon –, wo meine Tatkraft etwas bewirkt, und wo nicht.

Unsere persönlichen Werte – was das auch sein mag – stimmen oft nicht mehr mit der Realität überein. Oder wer würde schon von sich sagen, dass er Menschenrechte blöd findet? Tatsächlich werden aber Menschenrechte ständig mit Füßen getreten, von uns! – sei es beim Kauf von Klamotten, beim Kauf von technischen Gadgets oder beim täglichen Kauf von Lebensmitteln. Allein diese Tatsache kann schon lähmen. Was kann ich überhaupt noch kaufen? Und kann ich mir teurere Produkte überhaupt leisten, die eher meinen Werten entsprächen? Und kann ich diesen dann überhaupt trauen? Lieber gar nicht drüber nachdenken, sonst wird man ja verrückt. Auch schon so gedacht? Wer hat das nicht!

Aber tatsächlich sind unsere Kaufentscheidungen ein wichtiger Anknüpfpunkt um etwas zu ändern. Wenn ich nicht will, dass Tiere für meinen Konsum leiden und sterben müssen – dann kaufe ich keine tierischen Produkte mehr. Wenn ich nicht will, dass Kinder in Afrika zu einem Hungerlohn schuften müssen – dann kaufe ich weder Kaffee noch Schokolade, oder zumindest nur noch mit einem vertrauenswürdigen Fairtrade-Siegel. Das klingt so viel einfacher als es ist. Gewohnheit und Sucht halten uns von so vielem ab, das sinnvoll und nützlich wäre.

Ich las letztens „Brave New World“ von Aldous Huxley. Darin werden Menschen massiv konditioniert, um ein bestimmtes, vom Staat gewünschtes Verhalten zu bezwecken. Zum Beispiel bekommen Kinder im Schlaf vorgespielt „Alte Klamotten sind blöd. Kauf immer neue Kleidung, anstatt etwas zu nähen. Nur uncoole Kinder tragen alte Klamotten.“ oder so ähnlich. Ganz so ist es bei uns zwar noch nicht, aber dank allgegenwärtiger Werbung über jedwedes Medium werden wir ja ständig berieselt, was es nicht alles neues tolles zu kaufen gibt und dass wir das alles brauchen, selbst wenn wir es schon haben. Zum Kuckuck mit „wir sind doch alle mündig und lassen uns von sowas nicht beeinflussen“. Wir werden selbstverständlich manipuliert und wer sich das bewusst macht, der hat schon den ersten Etappensieg zum mündigen Menschen geschafft.

Ist also bio, fair und regional einkaufen und vegan leben der Weg um alle Probleme der Welt zu lösen? Natürlich nicht. Das ist ein Ansatzpunkt, der im Vergleich einfacher umzusetzen ist, als sich einer Initiative anzuschließen und die gesamte (Frei-)Zeit für das Ziel einer gerechten und lebenswerten Welt für alle zu opfern.

Ich denke, letztendlich ist das wichtigste, eine Entscheidung zu treffen. Will ich etwas tun? Und wenn ja: Welches Thema ist für mich gerade am Dringendsten? Das heißt nicht, dass alle anderen Themen unwichtig sind. Aber wir haben nur dieses eine Leben und nur begrenzt viel Zeit darin, deswegen ist es wichtig, für sich selbst die Prioritäten zu klären.

Ich zum Beispiel engagiere mich hauptsächlich für Tierrechte und Veganismus, aber nicht, weil ich finde, dass Menschenrechte blöd sind. Sondern weil 1. Tiere die Ärmsten der Armen in unserer Gesellschaft sind, die völlig legal ausgebeutet, gequält und gemordet werden. 2. weil sich mehr Menschen für Menschen einsetzen, als für Tiere. 3. weil sich Tiere nicht selbst gegen ihre Behandlung auflehnen können. 4. weil ich durch verhältnismäßig einfache Mittel viel erreichen kann. 5. weil so viele andere Themen damit zusammen hängen: Klimawandel, Ressourcenverschwendung, Hunger in der dritten Welt, usw. 6. weil es mir wirklich wichtig ist, zu weniger Leid auf der Welt beizutragen.
Wer ein anderes Thema zu seinem oder ihrem Thema auserkoren hat, hat dafür genauso gute Gründe. Und letztendlich hängt ja sowieso alles zusammen.

Triff also eine Entscheidung: Ist dir wichtig, dass durch deine Lebensweise kein Leid verursacht wird? Willst du zu einer lebenswerteren Welt für alle beitragen? Dann hinterfrage deine Kaufentscheidungen, informiere dich, verlier nicht den Mut, finde Menschen, die dich unterstützen. Und bleib locker. Keiner kann allein die Welt retten, aber je mehr wir werden, umso wahrscheinlich wird es 😉

Fußnoten

Fußnoten
1 Habe den Artikel vor zwei Wochen angefangen, da war das grad in den Medien, mittlerweile natürlich schon längst wieder Schnee von gestern >Kurzinfo
2 >Kurzinfo

Eine Meinung zu “Die Last der Welt

  1. Die Welt von heute auf morgen verändern ist unmöglich. Aber jeder kleine Schritt in die richtige Richtung ist ein weiterer Baustein für eine bessere Welt. Ich bin vollkommen deiner Meinung, man muss für sich selbst Prioritäten auswählen und diesen Glaubenssätzen dann auch konsequent folgen. So frei nach den Prinzip : „Jeden Tag eine gute Tat“ etwas Positives zu machen. Und sei dies noch so eine kleine Geste, wie beispielsweise den Bus statt das Auto auf den Weg zur Arbeit zu nehmen. Oder konsequent auf tierische Produkte zu verzichten. Nur durch viele kleine Ettapenziele ist es möglich, ein größeres Ziel zu erreichen.

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