Privileg - abgebildet sind viele sehr verschiedene Menschen

Wie privilegiert bin ich eigentlich? – inkl. „Walk of Privilege“

Immer wieder bin ich über das Thema „Privileg“ gestolpert und jetzt will ich mich endlich ausführlicher damit beschäftigen. Es ist kein leichtes Thema und es kennt keine einfachen Antworten. Soviel schonmal vorneweg. Ich schreibe diesen Artikel als eine extrem privilegierte Person [1]vermutlich wie die meisten meiner Leser*innen.

Was bedeutet Privileg oder privilegiert sein?

Aber vielleicht erstmal grundsätzlich: Was bedeutet „Privileg“? Oder vielleicht ist auch die Frage passender: Was ist Privileg-Bewusstsein?

Ein Privileg (Pl. Privilegien, von lat. privilegium „Ausnahmegesetz, Vorrecht“) ist der unverdiente Vorteil einer bestimmten Gruppe in der Gesellschaft. (everydayfeminism.com)

Wenn ich von Privileg-Bewusstsein spreche, dann ist mir wichtig, anzuerkennen, dass es für manche Personengruppen einfacher und für andere schwerer ist, dasselbe Ziel zu erreichen. Das kann sein: einen Job zu finden, gut versorgt zu sein oder sich einfach nur sicher zu fühlen. Das Fiese daran ist, dass ein Privileg nicht wirklich sichtbar ist, denn es ist, wenn du privilegiert bist, der Normalzustand.

Wenn ich in meinem Dörfchen spazieren gehe, dann ist es für mich normal, dass ich mich sicher fühle. Im Normalfall habe ich nicht im Kopf, dass viele Menschen dieses Privileg nicht haben – sei es, weil sie zu Personengruppen gehören, die häufiger mit Bedrohungen und Gewalt konfrontiert werden, oder weil sie in Regionen leben, wo es für alle gefährlich ist, spazieren zu gehen.

Sichtbar machen von Privilegien

Was soll es nun aber bringen, wenn ich mir bewusst bin, dass es privilegiert ist, mich beim Spazierengehen sicher zu fühlen? Schön wäre doch, wenn wir gar nicht von Privilegien sprechen müssten, weil es ganz normal ist, dass wir alle die gleichen Voraussetzungen für ein gutes Leben in die Wiege gelegt bekommen haben. Leider ist das aber nicht der Fall, und wenn ein Problem nicht sichtbar ist, dann ist es sehr schwer, etwas dagegen zu tun.

Der erste Schritt ist also: sich bewusst werden, dass Privilegien existieren, und die eigenen Privilegien akzeptieren.

Das kann schwer fallen, denn kein Mensch hört gerne, dass er unverdiente Vorteile hat. Es entsteht ganz schnell innerer Widerstand, weil die eigenen Leistungen doch auch anerkannt werden wollen. Immerhin leben wir in einer Gesellschaft, die persönliche Leistung als höchst wichtig darstellt. Zu hören, dass es andere Menschen im Leben weniger leicht haben, kann auch Schuld- und Schamgefühle auslösen. Mich z.B. setzt das Privilegien-Thema ganz schön unter Druck.

Aber entspannen wir uns erstmal. Niemand stellt in Frage, dass das Leben auch für privilegierte Menschen hart sein kann. Und niemand will unsere Leistungen schmälern. Genauso ist niemandem geholfen, wenn wir uns schuldig fühlen oder schämen oder aus innerem Druck heraus handeln.

Vielleicht fällt es dir aus der Entspannung heraus auch leichter, dich dem Thema anzunähern. Vielleicht magst du dich lieber fragen: „Wie geht es mir damit, privilegiert oder nicht privilegiert zu sein?“ anstatt „Wie denke ich, sollte es mir damit gehen?“

Wie privilegiert bin ich?

Für mich ist es hilfreich, die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, zu denen ich gehöre, abzuchecken und einzeln zu prüfen, ob ich eher zur privilegierten Gruppe oder zur benachteiligten Gruppe gehöre. Das, was ich gerade auf dem Schirm habe, umfasst die folgenden Bereiche:

  • Nationalität/Wohnort
  • Hautfarbe
  • Gesellschaftsschicht
  • Geschlecht
  • Gender-Identität
  • Sexuelle Orientierung
  • Aussehen
  • Krankheit/Behinderung

Dabei ist wichtig, dass es Überschneidungen geben kann. Ich bin zum Beispiel extrem privilegiert, was meine Nationalität angeht, dafür aber nicht, was mein Geschlecht angeht.

Herkunft: privilegiert

Dass ich als Deutsche in Deutschland lebe, ist ein ziemlich krasses Privileg. Ich habe nie Krieg erlebt und musste nie Angst vor Gewalt haben, wenn ich das Haus verlassen habe. Ich musste nie hungern. Ich habe alle Möglichkeiten, mich über politische Themen zu informieren, meine Meinung zu äußern und mir Wissen anzueignen. Wenn ich etwas trinken will, muss ich nur den Wasserhahn aufdrehen, und nicht kilometerweit zum nächsten Trinkbrunnen laufen. Wenn ich krank bin, kann ich zum Arzt gehen und muss mir keine Sorgen machen, den Arzt nicht bezahlen zu können.

Hautfarbe: privilegiert

Ich bin weiß und gehöre damit zur Mehrheit hier in Deutschland. Damit bin ich extrem privilegiert. Wenn ich das Fernsehen anmache oder Magazine durchblättere, sehe ich vor allem Menschen meiner Hautfarbe. Ich weiß, ich gehöre dazu. Mich fragt niemand als erstes, wo ich herkomme. Ich werde in Polizeikontrollen nicht häufiger herausgezogen.

Gesellschaftsschicht: privilegiert

Ich würde sagen, ich bin in einem Mittelklasse-Haushalt aufgewachsen. Ich konnte aufs Gymnasium gehen und studieren. Meine Eltern haben mich dabei finanziell und ideell unterstützt. Ich hatte nie wirklich Geldsorgen. Wenn ich etwas wirklich haben wollte, konnte ich es mir kaufen oder mir wünschen. Auch hier bin ich privilegiert.

Geschlecht/Gender: nicht privilegiert

Ich bin eine Frau und an dieser Stelle nicht privilegiert. Ich habe gelernt, mich zurückzuhalten, nicht so viel Raum einzunehmen, die Klappe zu halten. Wenn ich meine Meinung sage, ist das für manche Menschen weniger wert, als wenn ein Mann dasselbe sagt. Ich habe in meinem Beruf weniger verdient als männliche Kollegen. Wenn ich ungeschminkt bin und mich nicht besonders feminin kleide, nehme ich in vielen Kreisen in Kauf, abgewertet und weniger ernst genommen zu werden.

Gleichzeitig bin ich als Frau aufgrund meiner Herkunft, meiner Hautfarbe und meiner Gesellschaftsschicht privilegierter als andere Frauen in anderen Ländern oder anderen Schichten. Ich habe im Regelfall keine Angst vor sexueller Belästigung, Vergewaltigung oder Gewalt, wenn ich alleine unterwegs bin. Ich fühle mich grundsätzlich eher sicher als nicht sicher.

Gender-Identität: privilegiert

Des Weiteren ordne ich mich bis dato klar dem weiblichen Geschlecht zu. Ich werde bei dem Namen genannt, mit dem ich benannt werden will. Es wird allgemein akzeptiert, dass ich als Frau identifiziert sein will. Es wird auch allgemein akzeptiert, dass ich die Damen-Toilette benutze. Auch das ist ein Privileg.

Sexuelle Orientierung: privilegiert

Ich bin als Frau mit einem Mann zusammen. Deswegen kann ich mit ihm händchenhaltend durch die Straßen laufen, ohne Angst haben zu müssen, dass mir jemand Schimpfworte hinterher ruft. Ich könnte ihn überall auf der Welt heiraten, wenn ich wollte. Und es wäre für uns wahrscheinlich auch ziemlich unkompliziert, Kinder zu haben oder zu adoptieren.

Das zählt allerdings nur so halb als Privileg, denn es könnte sein, dass ich als nächstes oder zusätzlich eine Beziehung mit einer Frau oder einem Menschen, der sich weder als Mann noch als Frau definiert, eingehe.

Aussehen: privilegiert

Ich bin und war schon immer sehr schlank. Ich habe keine Probleme, Kleidung zu finden, die mir passt. Niemand hat mir je unterstellt, dass ich ungesund esse, ohne zu wissen, was ich eigentlich esse. Niemand hat mir je ungefragt irgendwelche Diäten vorgeschlagen. Ich kann in der Öffentlichkeit essen, was ich will, ohne dass das jemand kommentiert. Auch damit bin ich privilegiert.

Krankheit/Behinderung: privilegiert

Ich bin gesund und damit privilegiert. Ich habe normalerweise keine Schmerzen. Ich bin auf niemanden sonst angewiesen, um alltägliche Aufgaben zu verrichten. Ich muss mir keine Sorgen machen, wie andere auf meine Nicht-Behinderung reagieren. Ich kann zu Veranstaltungen gehen, ohne vorher herausfinden zu müssen, ob sie für mich überhaupt zugänglich sind.

„Walk of Privilege“ – Wie privilegiert bist du?

In dem Video wird eine Übung mit zehn Menschen vorgestellt, die verschiedene Fragen über ihr Leben gestellt bekommen. Anhand der Antworten gehen sie entweder einen Schritt nach vorne oder zurück – je nachdem ob sie diesbezüglich privilegiert sind oder nicht.

Wenn du Lust hast, die Übung für dich oder gemeinsam mit anderen zu machen, kannst du für jeden Schritt nach vorne 1 addieren, und für jeden Schritt zurück 1 abziehen, um herauszufinden, wo du stehst. Ich habe die Fragen auf deutsch übersetzt:

  1. Wenn deine Eltern nachts und am Wochenende gearbeitet haben, um die Familie zu ernähren, geh einen Schritt zurück.
  2. Wenn du durch die Welt gehen kannst, ohne Angst vor sexuellen Übergriffen zu haben, geh einen Schritt nach vorne.
  3. Wenn du deinem/deiner Partner*in in der Öffentlichkeit deine Liebe zeigen kannst, ohne Angst vor Spott und Gewalt haben zu müssen, geh einen Schritt nach vorne.
  4. Wenn dir je eine körperliche oder psychische Krankheit/Behinderung diagnostiziert wurde, geh einen Schritt zurück.
  5. Wenn in dem Haushalt, in dem du aufgewachsen bist, als Hauptsprache nicht Deutsch gesprochen wurde, geh einen Schritt zurück.
  6. Wenn du aus einer unterstützenden familiären Umgebung kommst, geh einen Schritt nach vorne.
  7. Wenn du je versucht hast, die Art wie du sprichst oder wie du dich verhältst zu ändern, um glaubhafter zu wirken, geh einen Schritt zurück.
  8. Wenn du überall in deinem Land hingehen kannst und Pflege- und Kosmetikprodukte bekommen kannst, die für dein Haar und deine Hautfarbe geeignet sind, geh einen Schritt nach vorne.
  9. Wenn dir in deiner Kindheit deine Kleidung oder dein Haus peinlich war, geh einen Schritt zurück.
  10. Wenn du Fehler machen kannst und Menschen diese Fehler nicht darauf zurückführen, dass du einem bestimmten Geschlecht/einer bestimmten Ethnie angehörst, geh einen Schritt nach vorne.
  11. Wenn du nach dem Gesetz die Person heiraten kannst, die du liebst, egal wo du lebst, geh einen Schritt nach vorne.
  12. Wenn du in Deutschland geboren wurdest, geh einen Schritt nach vorne.
  13. Wenn du oder deine Eltern eine Scheidung hinter sich haben, geh einen Schritt zurück.
  14. Wenn du denkst, dass du in deiner Kindheit ausreichend Zugang zu gesundem Essen hattest, geh einen Schritt nach vorne.
  15. Wenn du dir ausreichend sicher sein kannst, dass du deswegen für einen Job angestellt wurdest, weil du die entsprechenden Fähigkeiten und Qualifikationen mitbringst, geh einen Schritt nach vorne.
  16. Wenn du ohne zu zögern die Polizei rufen würdest, wenn du sie brauchst, geh einen Schritt nach vorne.
  17. Wenn du zum Arzt gehen kannst, wenn du krank bist, geh einen Schritt nach vorne.
  18. Wenn du dich wohl damit fühlst, Gefühle offen zu zeigen, geh einen Schritt nach vorne.
  19. Wenn du je die einzige Person deiner Ethnie/deines Geschlechts/deiner sozialen Schicht/deiner sexuellen Orientierung in einem Klassenzimmer oder einem Arbeitsumfeld warst, geh einen Schritt zurück.
  20. Wenn du einen Kredit aufgenommen hast, um deine Ausbildung zu finanzieren, geh einen Schritt zurück.
  21. Wenn du für deine religiösen Feiertage frei bekommst, geh einen Schritt nach vorne.
  22. Wenn du während deines Studiums einen Job annehmen musstest, geh einen Schritt zurück.
  23. Wenn du keine Angst hast, nachts alleine nach Hause zu laufen, geh einen Schritt nach vorne.
  24. Wenn du je außerhalb von Deutschland Urlaub gemacht hast, geh einen Schritt nach vorne.
  25. Wenn du je den Eindruck hattest, dass deine Ethnie/dein Geschlecht/deine sexuelle Orientierung/Behinderung nicht angemessen oder falsch in den Medien dargestellt wird, geh einen Schritt zurück.
  26. Wenn du zuversichtlich bist, dass deine Eltern dich finanziell unterstützen würden, wenn du in finanziellen Schwierigkeiten bist, geh einen Schritt nach vorne.
  27. Wenn du je schikaniert wurdest oder man sich über dich lustig gemacht hat für etwas, wofür du nichts kannst, geh einen Schritt zurück.
  28. Wenn es in deiner Kindheit mehr als 50 Bücher in eurem Haushalt gab, geh einen Schritt nach vorne.
  29. Wenn du die Kultur und die Geschichte deiner Vorfahren in der Grundschule gelernt hast, geh einen Schritt nach vorne.
  30. Wenn deine Eltern oder Erziehungsberechtigten studiert haben, geh einen Schritt nach vorn.
  31. Wenn du je einen Familienurlaub gemacht hast, geh einen Schritt nach vorne.
  32. Wenn du dir neue Kleidung kaufen und essen gehen kannst, wann immer dir danach ist, geh einen Schritt nach vorne.
  33. Wenn dir je ein Job angeboten wurde wegen deiner Verbindung zu einem Freund oder einem Familienmitglied, geh einen Schritt nach vorne.
  34. Wenn deine Eltern je entlassen wurden oder erwerbslos waren, ohne etwas dafür zu können, geh einen Schritt zurück.
  35. Wenn du dich je unwohl gefühlt hast mit einem Witz oder einer Aussage, die mit deiner Herkunft, deinem Geschlecht, deinem Aussehen oder deiner sexuellen Orientierung verbunden war, du dich aber nicht sicher genug gefühlt hast, das anzusprechen, geh einen Schritt zurück.

Zum Schluss

Mir hilft das Schreiben über ein Thema, mich ihm anzunähern und darüber zu lernen. Ich habe also auf keinen Fall die Weisheit für mich gepachtet und freue mich über Anmerkungen und Berichtigungen, wenn du dich besser mit dem Thema auskennst. Für mich ist das Thema hochkomplex und ich bleibe dabei, dass es keine einfachen Antworten gibt. Hier ging es jetzt erstmal nur um das Bewusstsein für Privilegien. Im nächsten Artikel „Hilfe, ich bin privilegiert! Was nun?“ geht darum, was ich als privilegierter Mensch tun kann, um Privilegien abzubauen.

Denn letztendlich soll es ja auch darum gehen, dass das, was wir als Privileg bezeichnen, am Ende für alle die Normalität sein kann.

Linkliste (englisch-sprachig)

Wenn du gut Englisch kannst, kannst du dich mit den folgenden Links zum Thema Privilegien noch ein Stück weiterbilden.

Privilegien und Bedürfnisse

Verschiedene Arten von Privilegien

Fußnoten

Fußnoten
1 vermutlich wie die meisten meiner Leser*innen

22 Meinungen zu “Wie privilegiert bin ich eigentlich? – inkl. „Walk of Privilege“

    1. Liebe Judith,
      freut mich, dass dich mein Artikel erreichen konnte und du Lust bekommen hast, das Experiment für dich selbst zu wiederholen. Wenn du magst, kannst du ja gerne teilen, was dabei herauskommen ist 🙂

      Viele liebe Grüße,
      Sabrina

    2. Hmmm , ich bin eine Frau die als Teenager von einem Migranten vergewaltigt wurde, ich bin in einem priviligierten Elternhaus aufgewachsen , bin Doppelbürgerin und weiss , ich bin mit einem Mann glücklich verheiratet, also sicher viel eher priviligiert und auch mehrsprachig aufgewachsen. Aber die Vergewaltigung hat lange Zeit viele psychische Probleme mit sich gebracht und dadurch gab es auch Zeiten wo ich nicht arbeiten konnte. Trotzdem bin ich mehrheitlich priviligiert und dafür sehr dankbar, aber irgendwie fühlt es sich auch schlimm an immer mit dem Vorwurf priviligiert behaftet zu sein. Ich musste deswegen schon in Behandlung, ich bin hetero und gerne eine Frau , daran kann ich doch nichts ändern um weniger priviligiert zu sein. Ich bin schlank , soll ich jetzt zunehmen um weniger priviligiert zu sein. Irgendwie geht das zu weit , es ist sehr verletzend , ich schäme mich schon genug dafür was Weisse den Schwarzen antun , dass Schwule in anderen Ländern misshandelt werden. Muss ich mich nun auch schämen dass ich schlank bin und verheiratet bin. Warum können wir uns nicht alle lieben , bringt es was nun Weisse zu verurteilen , nein , ich denke das schürrt nur Kontraproduktives. Ich will mich nicht mehr schäme , ich weiss zu schätzen was ich habe , ich bin ein guter Mensch , der spendet , freiwillig im Tierschutz arbeitet , immer zu allen freundlich und hilfsbereit ist. Priviligiert sein bedeutet nicht dass man ein schlechterer Mensch ist , das macht mich alles sehr traurig .

      1. Hey Temmy, ich bedaure wenn durch meinen Artikel in dir ausgelöst wurde, dass du dich als schlechter Mensch fühlst oder schämst. Das ist ganz und gar nicht meine Absicht. Ich finde es auch schade, dass Diskussionen über Privilegien oft dazu führen, dass Menschen beschämt werden oder sich selbst schämen. Scham ist kein so konstruktives Gefühl, sondern macht eher, dass wir uns klein fühlen. Oder es bewirkt das Gegenteil, dass wir rebellisch werden und sagen, so wie du: Ich will das nicht mehr hören. Aus meiner Sicht ist Privileg kein Vorwurf sondern eine Tatsache. Man kann daran nichts ändern, also bringt es auch nichts sich dafür zu schämen. Es gilt es einfach zu akzeptieren. Ja, okay, ich bin an vielen Stellen privilegiert. So ist es. Und es gibt Stellen, wo ich es nicht bin und die sind vielleicht sogar unsichtbar für andere, wie im Falle deiner Missbrauchserfahrungen. Und das mag sich dann auch irgendwie unfair anfühlen, wenn die nicht gesehen werden. Wie ist es für dich, das zu lesen?

  1. wow vielen dank für den aufschlussreichen artikel, es ist gut sich immer wieder auf das wesentliche zurück zu besinnen. ich stelle vor allem bei meinen reisen durch länder wie kamboscha und indien fest wie viele privilegien ich selbst als „armer student“ noch habe.

  2. vielen dank für den inspirierenden und augenöffnenden artikel. ich würde gern einen teil deines artikels als gast beitrag auf meinem blog veröffentlichen ins englische übersetzt. vllt können so noch mehr menschen zum nachdenken angeregt werden. hast du lust auf eine kolaboration?

    1. Hallo Ellen,
      Gerne! Magst du mich den Ausschnitt bitte vor der Veröffentlichung nochmal lesen lassen? Ich mag gerne sicher sein, richtig verstanden zu werden und da ist mir wichtig, dass der Ausschnitt, den du wählst, dafür geeignet ist 🙂 Ansonsten freu ich mich! Und natürlich wär ich auch sehr froh über eine Verlinkung 🙂

  3. Interessant, wie wichtig es Dir ist, sich mit dem Thema „Privileg“ zu beschäftigen. Was mir aufgefallen ist, das Du Privilegien, die durch Erziehung und Bildung geformt werden bzw. die Prägung von Kindheit, die ja überhaupt Privilegien hervorbringt m. E. nicht sosehr im Fokus hast. Oder? Zum Beispiel die Selektion der Notgebung im Bildungssektor, die Verlierer und Gewinner hervorbringt. Das der Kapitalismus Privilegien dirigiert. Privilegien durch Werte und Normen geschaffen werden. Oder? Das Privileg mit zu entscheiden, wer an der gesellschaftlichen Teilhabe teilnimmt und wer nicht. Beruflicher Status, über die sich der größte Teil der am Bruttosozialprodukt Beteiligten identifiziert. Ich denke da an die beruflichen Existenzen. Das Privileg eines Managers im Vergleich zu Hausfrau. Oder die der alleinerziehenden Mutter, die gesellschaftlich m. E. sehr unterprivilegiert ist. Vergleiche zum Beispiel die des Beamten, einer gesellschaftlichen Kaste, der besondere Vergünstigten zugedacht sind – unkündbar (mit Ausnahmen natürlich)
    Privilegien schaffen Ungleichgewichte. Lassen das soziale Miteinander und Füreinander unter den Teppich kehren … Auf mich bezogen kann ich sagen, dass ich sehr viele Privilegien genieße mir aber bewusst werde, wenn ich über den Tellerrand schaue, mich in einer „Komfortzone“ aufhalte …

    1. Hallo Walter, danke, dass du das Thema Bildung und Erziehung ansprichst. Die Sache ist die, dass Privilegien sehr häufig Erziehung und Bildung bestimmen. In die Mittel- oder Oberschicht geboren zu sein, heißt, dass ich viel leichter Zugang zu höherer Bildung bekomme, dadurch viel bessere und besser bezahlte Job-Chancen habe. Als Frau geboren zu sein, heißt, dass mir öfter gesagt wird, dass ich kein mathematisches Talent habe, ich grundsätzlich nicht so ehrgeizig sein brauche und ich ja auch heiraten kann und Kinder kriegen, dann brauche ich sowieso nicht mehr arbeiten. Das bedingt auch, welche Bildung und welche Job-Chancen ich habe. Klar, da hat sich schon viel geändert und doch noch nicht genug. Auch als gesunder Mensch habe ich diese besseren Chancen. Genau diese Beispiele, die du genannt hast, sind Beispiele für Privilegien, in die wir reingeboren werden.
      Sie können auch erworben werden, das stimmt, aber es ist so viel schwerer für jemanden z.B. aus der Unterschicht, dieses Maß an Bildung zu bekommen, das jemandem aus Mittel- oder Oberschicht quasi in die Wiege gelegt wird. Ergibt das Sinn für dich?

      Ich hoffe, das klingt jetzt nicht so, als fände ich alles total hoffnungslos und man könnte eh nichts ändern. Das ist überhaupt nicht mein Ansinnen. Viel mehr geht es mir darum, die Hintergründe zu begreifen, wie sich das System, in dem wir leben, auf uns alle auswirkt und dadurch zu lernen, achtsamer und wirksamer zu sein. Und da bin ich komplett bei dir, wenn du schreibst, dass der Kapitalismus Privilegien dirigiert. Das System, in dem wir leben, bestimmt, wer welche Privilegien hat.

  4. Hallo,
    Also ich dacht mir mal, dass ich mir das Thema gebe und bin dan auf diese Seite hier gestoßen. Ich möchte nicht der Böse sein und auch gewiss niemandes Gefühle verletzen, aber das ganze ist doch eigentlich recht Kontraproduktiv oder ? Aber ich möchte an dieser Stelle Schritt für Schritt mich gedanklich durch den Artikel arbeiten.

    Zunächst steht hier ganz oben die Definition des Wortes Privileg. Man sollte hier vielleicht eine etwas repräsentativere Quelle nehmen. Aber leider Steht im Duden, bei Langenscheidt oder einem anderem zitierfähigen Wörterbuch nichts von „unverdiente Vorteile“ … klar, das klingt nach einer kleinen Nebensächlichkeit, aber Semantik ist wichtiger als man auf den ersten Blick glauben mag. Sei’s drum.

    Dann kommt es zum „sichtbar“ machen. Das Hauptproblem dieses Abschnitts ist, dass dieser sich stark auf die Definition bezieht und die meisten also deswegen nicht ihre Privilegien sehen wollen, da man nicht über seine „unverdienten Vorteile“ nachdenken will. Sonst ist der Abschnitt doch irgendwie frei von Inhalt.

    Dann kommt ein toller Teil, der meiner Meinung nach das Kontraproduktivste ist, was man tun kann. Man soll sich nun die Frage stellen : Was unterscheidet mich von allen anderen. Klar ist es gut sich über sich selbst Gedanken zu machen um zu wissen wo man steht. Aber hier ist es mehr ein Abgrenzen. Und das ist doch der größte Fehler, den man machen kann. Es sollte doch viel wichtiger sein, dass es einfach egal ist, an was man glaubt, woher man kommt, ob man ein Mann, eine Frau oder was auch immer ist, ob man Männer oder Frauen oder wen auch immer man attraktiv findet. Anstatt also zu sagen ich bin – im Beispiel : Eine weisse heterosexuelle Frau ( wenn ich das richtig verstanden habe), die studiert hat – sollte man doch einfach sagen ich bin ein Mensch.
    Kommen wir zum „Experiment“. Es ist doch wenig repräsentativ und wissenschaftlich nicht wirklich fundiert. 10 Leute die auf 35 Fragen antworten. 10 Leute sind nicht repräsentativ. Und gerade bei 10 Leuten wirkt es doch eher so, als hätte man bewusst den weissen Mann aus der Oberschicht genommen und die schwarze alleinerziehende Mutter aus der Unterschicht, damit er dann ganz vorne und sie ganz hinten steht.
    Klar könnte man nun sagen, dass der weisse heterosexuelle Mann so in seiner Weltfremden privilegierten Welt lebt, dass er vor lauter Verblendung nichts mehr sieht. Aber diese Fragen sind gezielt gestellt. Wenn ich Fragen nur so stelle, damit ich ein bestimmtes Ergebnis erziele, dann werd ich bei solchen Tests natürlich in meinen Annahmen bestätigt. Stellen wir an dieser Stelle doch einmal Fragen, die andere Dinge „beweisen“ :

    1. Wenn du Aufgrund deines Geschlechts zum Dienst an der Waffe oder Sozialdienst gerufen wurdest und deswegen erst später mit einer Ausbildung / mit einem Studium beginnen konntest tritt einen Schritt zurück.

    2. Wenn du aufgrund deines Geschlechts tendenziell immer schwerere Lasten tragen musst tritt einen Schritt zurück.

    3. Wenn du aufgrund deines Geschlechts bei Versicherungen höhere Beiträge hast, tritt einen schritt zurück.

    4. Wenn du schonmal befürchten musstest als Rassist zu gelten, weil du etwas gegen eine Person anderer Hautfarbe gesagt hast ohne, dass die Hautfarbe dabei eine Rolle gespielt hätte, tritt einen Schritt zurück.

    5. Wie vier nur bezogen auf Religion.

    6. Wie vier bezogen auf Geschlecht.

    7. Wenn du Aufgrund deines Geschlechts nicht überall Parken darfst, tritt einen Schritt zurück.

    8. Wenn du aufgrund deines Geschlechts statistisch in der Schule schlechter bewertet wirst, tritt einen schritt zurück.

    9. Wenn du aufgrund deines Geschlechts potentiell gefährdet bist für ein Kind finanziell sorgen zu müssen, auch wenn Samenraub begangen wurde um Schwanger zu werden und du eigentlich nie ein Kind wolltest, tritt einen Schritt zurück.

    10. Wenn es für dein Geschlecht eine Quote gibt, welche jedoch ausschließlich für begehrte Jobs existiert, tritt einen Schritt vor.

    11. Wenn du das selbe Geschlecht hast, wie die allermeisten Fachkräfte für Kreislauf- und Abfallwirtschaft ( moderne Umschreibung für Müllmann) tritt einen Schritt zurück.

    Und schwups steht der weisse Mann auf einmal ganz hinten und ist der arme Tropf der Studie. Diese Fragen sollen im Übrigen nichts bewirken als zu zeigen, dass man jeden als das Opfer der Gesellschaft darstellen kann. Und wenn man da jetzt noch die richtigen 10 Leute auswählt oder auch die 10 aus dem Video, dann komm ich zu 100% zu dem Ergebnis, dass es doch dem armen weissen hetero Mann, der oben im Video dann ganz allein da vorne steht, am schlechtesten geht. Ob jemand also „Privilegiert“ ist oder nicht, kann sehr subjektiv sein. Dass wir in Europa ein durchschnittlich besseres Leben führen, als Menschen in Drittweltländern ist selbstverständlich. Allerdings halte ich – und ich möchte betonen, dass ich hierbei wirklich nur mich ganz persönlich meine- für falsch. Nicht im Sinne von „denen gehts doch garnicht so schlecht“, sondern ich finde es Falsch hier vergleiche anzustellen.

    Im Übrigen möchte ich auf eine Frage aus den oben genannten doch noch besonders eingehen.
    Frage 5 : Wenn in dem Haushalt, in dem du aufgewachsen bist, als Hauptsprache nicht Deutsch gesprochen wurde, geh einen Schritt zurück.
    Das privilegiert keinen. Meine Eltern haben zuhause deutsch gesprochen und ich habe im Ausland gelebt. Was man zuhause spricht hat nichts mit dem zu tun, auf welcher Sprache ich mich sonst unterhalte oder wie gut ich eine andere Sprache beherrsche. Das ist kein Privilieg. Die einzige Frage ist, ob man sich integrieren will oder nicht. Ich bin raus gegangen und hab dort freunde gefunden und bin auf eine „fremdsprachige“ Schule gegangen. Das einzige was daraus resultierte war, dass ich jetzt fliessend eine andere Sprache beherrsche. Und mit meinen Eltern hab ich immer deutsch geredet. Ich kenne auch genug ausländische Familien, die nur dann deutsch reden, wenn ich anwesend bin, weil ich deren Sprache nicht spreche und z.B. Türkisch oder Russisch, wenn sie untereinander reden. Keines von deren Kindern hat aber ein Problem mit der deutschen Sprache.

    Ich hoffe, dass bis hierhin noch jemand liest, da ich nochmals darauf aufmerksam machen möchte, dass ich das ganze hier nicht aus reiner Boshaftigkeit oder was auch immer geschrieben habe, sondern um meine persönliche Meinung auszudrücken und Erfahrungen zu teilen. Ich würde mich über einen angeregten Meinungsaustausch freuen.

    1. Hallo Oliver, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und deinen Wunsch über das Thema in Austausch zu kommen.

      Ich denke, der springende Punkt ist, dass wir uns erstmal darüber einig werden, was „Privilegien haben“ überhaupt bedeutet. Ich lese von dir, dass du mit meiner Definition nichts anfangen kannst und sie nicht in Übereinstimmung mit der Definition im Duden findest.

      Wenn ich mit Menschen auf das Thema Privilegien zu sprechen komme, kommen wir sehr schnell an den Punkt, wo eine Durchmischung des umgangssprachlichen Wortes (d.h. Vorteil, Vorrecht lt. Duden) vs. des Fachbegriffs „Privileg“ aus der Soziologie stattfindet. Das habe ich, weil ich zu dem Zeitpunkt selbst noch nicht so in der Materie drin war, im Blogartikel auch nicht deutlich gemacht. Wenn ich von Privilegien spreche, dann spreche ich über den Fachbegriff und dieser hat eine andere Definition als das umgangssprachliche Wort „Privileg“.

      Die Definition in meinem Artikel ist sehr kurz und knapp und mittlerweile bin ich auf bessere Definitionen gestoßen. In meinem Nachfolge-Artikel schreibe ich „Gesellschaftliche Vorteile oder Nicht-Nachteile, die ich aufgrund meiner Zugehörigkeit zu einer Gruppe habe.“ Noch exakter bringt es Miki Kashtan, eine Soziologin aus den USA, auf den Punkt (allerdings muss man sie wahrscheinlich mehrfach lesen, um sie zu verstehen):
      „Zugänge zu Ressourcen, die das Ergebnis von gesetzlichen oder sozialen Normen sind, die etwas mit der Mitgliedschaft zu einer Gruppe zu tun haben, unabhängig von einer bestimmten Handlung, Nicht-Handlung oder sogar Bewusstheit auf Seiten der Menschen, die diesen Zugang haben, über die Existenz der Ungleichheit, die potentiellen Vorteile für sie oder die Kosten für die anderen.“

      Was ich auch von dir höre, ist, dass du dir Sorgen machst, dass durch das Sprechen über Privilegien Menschen in Gruppen unterteilt und voneinander getrennt werden, also dass wir uns eher wieder weg von dem Ideal der Gleichwertigkeit aller Menschen bewegen. Hab ich dich da richtig verstanden?

      Würdest du mit mir übereinstimmen, wenn ich sage: Im Durchschnitt stehen Menchen im globalen Norden (z.B. Nordamerika, Europa) mehr Ressourcen zur Verfügung, für ihren Lebensunterhalt und ihre Bedürfnisse zu sorgen, als Menschen im globalen Süden (z.B. Afrika, Südamerika). Das meine ich schon verstanden zu haben aus deinem Text. Allerdings schreibst du dann, dass du irgendwas daran falsch findest. Da fehlt glaub ich auch ein Teil des Satzes, so dass ich nicht verstehe, worauf du hinauswillst.

      Ich würde noch gerne etwas zu deinem Beispiel sagen „Frage 5 : Wenn in dem Haushalt, in dem du aufgewachsen bist, als Hauptsprache nicht Deutsch gesprochen wurde, geh einen Schritt zurück.“
      Was bedeutet es, wenn du in einem Haushalt aufwächst, wo nicht Deutsch als Hauptsprache gesprochen wird? Es bedeutet, dass die Eltern vermutlich eingewandert sind. Es bedeutet, dass es deinen Eltern vermutlich schwerer fällt, eine Arbeit zu finden, eine Wohnung zu finden, sozial eingebunden zu sein, als Menschen, die seit mehreren Generationen in D beheimatet sind. Und das wirkt sich auf das Kind aus, indem weniger Geld zur Verfügung steht, indem es sich durch einen unterschiedlichen kulturellen Hintergrund weniger gut integrieren kann.
      Das heißt nicht, dass es nicht auch Menschen, die seit Generationen in D leben, schlecht gehen kann. Das heißt nur, dass manche Dinge für Eingewanderte im Schnitt schwerer zu erreichen sind, als für Nicht-Eingewanderte. Kannst du mir hier folgen?

      Und eine Sache, die ich noch gerne dazu sagen möchte, weil ich das Gefühl habe, dass da ein Missverständnis vorliegt: Wenn ich von Privilegien spreche, dann geht es nicht darum, Menschen zu Opfern zu machen oder anderen Menschen Schuldgefühle zu machen. Es geht mir persönlich darum zu lernen. Wie es wohl sein mag, in den Schuhen von jemand anderen zu stecken. Und so schön es wäre, wenn es völlig egal wäre, wie die Hautfarbe oder das Geschlecht oder die Herkunft von jemandem ist, es wirkt sich darauf aus, wie die Chancen in dieser Gesellschaft für diese Person sind. Siehst du das auch so, oder sind wir da gar nicht auf einer Linie?

  5. Schade das Oliver da nicht mehr geantwortet hat.Oder auch nicht….

    Danke liebe Sabrina für deinen Artikel. Es beschreibt genau das was mir zur Zeit durch den Kopf geht. Ich bin als weiße, deutsche Frau in Deutschland sehr priviligiert. Das ist mir inzwichen bewusst und jetzt heist es für mich damit umzugehen.
    Nicht mehr und nicht weniger.
    Mal schauen was du sonst noch schreibst 😉

    Alles Liebe, Claudia <3
    (von herzohr.net)

  6. Das ist ein sehr toller Artikel nur denke ich dass da noch was bei den „Gehvor/zurückfragen“ fehlt. Aber es kann auch sein, dass ich den Test zu alltäglich interpretiere.

    Jedenfalls mein Wunsch wäre eine macht daraus mal einen Online-Selbsttest. Mit Ja/Nein Antwortoption wäre das relativ einfach oder um es konkreter zu gestalten durch „stimmt“ stimmt eher“ & „eher weniger“ „stimmt nicht“ usw. Markierfeldern. Dann wird alles zusammengerechnet und am Ende kommen Prozentzahlen raus wie privilegiert eine Person in den jeweiligen Ländern der Welt ist/wäre oder ggf. auch in welchen Situationen. Letzteres ist die sehr aufwendige Ergebniseausgabe, doch vielleicht auch die genauer.

    VG Euch!

  7. Also, ich finde das Thema ganz interessant. Musste unlängst in einer Damen-Runde feststellen und zu hören bekommen, ich war fast 19 Jahre alleinerziehend,bin selbständig,der Vater meiner Tochter stammt aus einem relativ guten Elternhaus und zahlt „nur den normalen Unterhalt“ kümmert sich aber weiter nicht, egal. Meine Tochter ist bereits aus beruflichen Gründen ausgezogen, sie ist 19 Jahre alt und kommt ganz gut zurecht. Da war nun eine verheiratete Dame mit Haus und Mann, Kind auch schon ausgezogen, sie arbeitet halbtags, ich arbeite mittlerweile als Selbständige volle 3Tage, mir reicht das, denn ich bin 55Jahre und will noch was vom Leben haben, ich komme zurecht, Elternhaus war relativ gut, mit üblichen Höhen und Tiefen. Bin im Moment Single und genieße. Diese andere Dame meinte eben zu mir, was, nur 3Tage als „Alleinerziehende“? „Kann man sich das leisten? Die andere Dame mit dem Halbtagsjob wäre ja, im Gegenzug zu mir privilegiert mit Haus und Mann. Ich habe mich fuer diese Bekannte mit dem Halbtagsjob gefreut,waehrend diese andere Dame mit diesem Privileg dazwischenkam. Anscheinend definieren manche das Wort Privileg recht einseitig, denn ich fühle mich dennoch zwar nicht reich, bin oft an Grenzen gestoßen, jedoch frei und etwas entspannter, dass ist fuer mich persönlich auch ein Privileg, ohne im Moment Haus und Mann, kann sich ja ändern. Bewohne eine grosse Wohnung, die ich zwar nicht brauche, aber nun da ist und nicht überteuert. Privileg ist Gesundheit, mit sich im Reinen, gute soziale Kontakte, keine Frage von Besitz, Hautfarbe, sondern der Mensch als solches mit seinen Fähigkeiten.

    1. Liebe Marion, das klingt so, als wäre für dich dein Lebensstil etwas, worüber du dich freust, weil er dir Freiheit und Entspannung ermöglicht und wenn jemand dich als „nicht privilegiert“ einsortiert, fühlt sich das für dich überhaupt nicht stimmig an, weil damit ein Mangel transportiert wird, den du überhaupt nicht so empfindest?
      Ich denke, es gibt neben dem wissenschaftlichen Begriff „Privileg“ auch sicher so etwas wie ein umgangssprachlich „gefühltes Privileg“. Wenn es uns rundum gut geht, fühlen wir uns denke ich eher „privilegiert“ als wenn um uns Mangel herrscht. Und so kann sich der oder die Reichste als „nicht privilegiert“ und im Mangel empfinden, weil er sich mit Geld nicht kaufen kann, was für ein gutes, reichhaltiges Leben wichtig ist: Freundschaft, Wertschätzung, Zugehörigkeit, Nähe, Sinn.
      Was aber mit dem wissenschaftlichen Wort „Privileg“ gemeint ist, das unterscheidet sich schon noch etwas von dem empfundenen „Privileg“. Und das macht glaub ich auch Menschen wütend, wenn jemand, der durch seine Gruppenzughörigkeit Privilegien (Vorteile im Leben) hat, diese abstreitet.
      Kannst du damit etwas anfangen?

  8. Hallo, ich bin etwas traurig nach diesem Test, ich bin eine weiße junge Frau die aus schwierigen und armen Verhältnissen kommt, ich bin letzten Endes bei -1 Punkt gelandet ! Und dann kommt der Link für Leute die sich denken „oh hey ich bin aber priviligiert’…

  9. Der Begriff „Privileg“ in seiner nicht-juristischen, gesellschaftsbezogenen Bedeutung im Sinne des Besitzens einer Vorrechtsstellung, ob nun zum eigenen Wohle (opportunistisch) ausgenutzt („Physisch überlegene Person drängelt in der Warteschlange nach vorn“) oder nur still, passiv genossen (bspw. empfundene Selbstwerterhöhung), bringt im tagtäglichen Leben in ner modernen Gesellschaft wie D eine hohe Relevanz mit sich – so weit gehe ich d’accord mit Sabrina.

    Dies aus einem ganz einfach wirkenden Grund:
    Wir alle, ob nun intellektuell und verstandesgemäß auf hohem Niveau operierend, oder unbedarft, schlicht und ungebildet – kommen nicht darum herum, unsere Mitmenschen aufgrund deren äusseren Attributen blitzschnell einzuordnen und zu kategorisieren -> die Macht des 1. Eindrucks.
    Dieses ultrakurz andauernde, und multimodal vonstatten gehende Meisterleistung unseres Wahrnehmungssystems, die über lange Zeiträume in sozialen Kleingruppen eingeschliffene biologisch-soziale-soziologische Wechselbeziehung musste evolutionär einfach erhalten bleiben, da sie dem Individuum deutliche Überlebensvorteile brachte. Diese Wahrnehmungsleistung unsererseits weist unseren Mitmenschen hiernach einen gewissen „Stellenwert“ („/die/der hat bestimmt das und das und das, weil er/sie so und so und so aussieht, geht, guckt, riecht etc….“) zu.
    Schwierig wird es für mich schliesslich in meiner persönlichen Definition von „Privilegiert sein“ wenn ein scheinbares Privileg je nach Situation in sein Gegenteil umgekehrt werden kann, denn dann führt die Begrifflichkeit „ad absurdum“, bzw. wird nichtssagend, und unpräzise.
    Nichts kann einfach so ausgesprochen werden, denn alles muss nochmals erklärt und dargelegt werden. Ein Privileg sollte schliesslich etwas handfestes sein, ein Konstrukt also, welches jmd. einen klaren Vorteil im Kampf um Ressourcen verschafft. Deshalb z.B. gelten für mich „gutes Aussehen“ oder „Hautfarbe XY“ oder „Körpergröße“, „Geschlecht“ nicht zu den (eindeutigen) Privilegien. Weniger noch in einer hoch-diversen Gesellschaft wie der unseren, in der fast jede Lebensweise ihre Anhänger findet.

    Es exisiteren mMn daher mind. 3 eindeutige (global geltende) Privilegien: 1) Kaufkraft; 2) Gesundheit und 3) dispositional vorliegende geistige Flexibilität („IQ“).
    Sie sind 1. reliabel und valide messbar und 2. sind sie über die Zeit hinweg relativ stabil.

    Pantha rhei und sonnige Grüße aus NRW,
    Julius

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.