Nachhaltig im Alltag: Interview mit Friederike Schertel

Friederike ist eine gute Freundin von mir und wir reden oft darüber, wie es uns mit der Klimakrise geht und was wir persönlich tun können und wollen. Heute hat sie sich für ein Interview bereit erklärt.

Mit den Interviews ist mir wichtig zu zeigen, wie unterschiedlich das persönliche Engagement für eine lebenswerte Welt aussehen kann. Je nach Lebenssituation und Persönlichkeit rücken andere Aspekte in den Vorder- oder Hintergrund.

Ganz kurz zu dir: Wie alt bist du? Gehst du einer Lohnarbeit nach? Wenn ja: Teilzeit oder Vollzeit und was genau machst du? Wenn nein: Wie bezeichnest du dich selbst?

Ich bin Friederike, bin 36 Jahre alt und arbeite als Softwareentwicklerin. Das heißt ich schreibe Computerprogramme, die anderen Menschen das Leben hoffentlich leichter machen. Früher habe ich Vollzeit (40h) gearbeitet, aber inzwischen bin ich mit meiner 30h-Woche sehr zufrieden.

Wie sieht ein typischer Tag in deinem Leben aus?

Ich habe glaub‘ ich einen ziemlich durchschnittlichen Alltag. 😀 Mit dem Kind laufe ich zur Schule. Früher bin ich danach mit der U-Bahn oder dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. Das fällt jetzt weg, weil ich im HomeOffice arbeite. Bis nachmittags arbeite ich am Rechner. Wenn ich gerade nicht am PC sitze schalte ich alle unnötigen Dinge aus, wie zum Beispiel den Bildschirm. Nachmittags gibt es dann meist irgendwelche Dinge zu erledigen: Einkaufen, Post, und so. Zum Einkaufen können wir laufen oder radeln, da wir in der Stadt wohnen und hier alles nicht weit ist. Bei einem größeren Einkauf nutze ich gern unseren Fahrradanhänger, den man auch wie einen Kinderwagen schieben kann. Ein Auto besitzen wir zwar, aber wir haben über die letzten Jahre hinweg unsere jährlichen Kilometer immer weiter reduziert. Naja, bis Corona kam. Momentan bin ich auch sehr froh, dass wir auf Reisen ein Auto zur Verfügung haben. Für den Alltag brauchen wir es aber wenig.

Beim Einkauf versuche ich so weit es geht verpackungsarme Dinge zu kaufen. Das war eine ganz schöne Umstellung und anfangs ziemlich anstrengend. Aber inzwischen merke ich, dass ich ganz anders einkaufe als noch vor einem Jahr. Milch zum Beispiel kaufen wir fast nur noch in Glasflaschen. Vor Corona haben wir auch Wurst und Käse „unverpackt“ gekauft. Das ist momentan schwieriger, aber wird sicher wieder kommen. 🙂

Einmal im Monat gehe ich inzwischen zu einem Unverpackt-Laden, der inzwischen hier eröffnet wurde. Dort versorge ich uns vor allem mit haltbaren, „trockenen“ Lebensmitteln wie Mehl, Nudeln, Müsli, Gemüsebrühe. Aber auch andere Dinge wie Zahnpasta gibt es dort ja und wir probieren ab und zu etwas Neues aus.

Manchmal sind auch größere Anschaffungen nötig – wie zum Beispiel ein zweiter Bürostuhl, weil wir ab und zu beide zuhause arbeiten. Da versuche ich solche Dinge gebraucht zu kaufen. Manchmal geht das nicht. Ich habe mir zum Beispiel einen Schlafsack gekauft. Den wollte ich gern „neu“ haben. 🙂 Aber unser „neuer“ Bürostuhl ist gar nicht neu sondern über Kleinanzeigen gebraucht gekauft – genauso wie der Zweit-Schreibtisch. Die Sachen funktionieren genauso gut und manche haben sogar eine Geschichte, die uns die Vorbesitzer*innen erzählt haben. Das finde ich irgendwie schön.

An Wochenenden verbringen wir die Zeit gern als Familie oder treffen und mit Freunden und Freundinnen.

Was ist dir besonders wichtig an deinem nachhaltigen Lebensstil?

Hm, das ist eine gute Frage… Bis vor zwei Jahren habe ich eigentlich gar nicht besonders auf die Nachhaltigkeit meines Lebensstils geachtet. Ich habe sicher nicht total verschwenderisch gelebt, aber ich habe mir auch keine großen Gedanken darum gemacht. Das hat sich inzwischen geändert. Ich denke, es ist mir wichtig, möglichst effizient mit den Ressourcen umzugehen die mir zur Verfügung stehen.

Was fällt dir leicht, was fällt dir schwer?

Strom sparen fällt mir ziemlich leicht. Wir haben in den letzten Jahren einen sehr niedrigen Stromverbrauch gehabt für einen 3-Personen-Haushalt. Also niedrig im Vergleich mit dem Durchschnitt in unserer Stadt… das kann was über uns sagen oder etwas über viele andere Menschen. 😉

Ich nerve meine Familie mit diesen schaltbaren Steckerleisten. Ich schalte alles ab, was gerade nicht benötigt wird. Sogar den Toaster.
Das ist für manche vielleicht ein bisschen viel, aber für mich ist es ja nicht schwer den kleinen Schalter zu drücken, wenn ich fertig bin mit toasten. Wir haben praktisch keine Standby-Geräte.

Was mir extrem schwer fallen würde, ist vegan zu leben. Ich lese immer wieder, dass das für’s Klima ganz toll wäre, aber das ist ein Punkt den ich noch nicht umsetzen kann. Ich versuche vorwiegend vegetarisch zu essen und das gelingt mir auch ganz gut. Aber auf Käse und Eier zu verzichten, wäre für mich sehr schwierig…

Es fällt mir dagegen sehr leicht, Lebensmittel konsequent aufzubrauchen. Das haben meine Eltern mir sehr gut vorgelebt. Danke dafür!

Und sie haben mir beigebracht, dass man sehr vieles reparieren kann. Früher habe ich das manchmal belächelt und dachte: „So war das eben im Osten“. Inzwischen bin ich sehr froh um die Dinge, die ich dadurch gelernt habe.

Am meisten verändert hat sich jedenfalls mein Konsumverhalten. Ich habe bis vor zwei Jahren nicht so viel darüber nachgedacht was ich kaufe. Wie gesagt lebte ich auch nicht total verschwenderisch. Inzwischen achte ich jedoch sehr darauf, was ich kaufe und ob ich es überhaupt brauche. Vieles überlege ich mir lange. Vielleicht kann ich es mir ausleihen. Wenn ich es doch selber besitzen möchte, dann schaue ich zuerst bei Kleinanzeigen, im SecondHand-Laden oder im Internet ob es das gebraucht gibt. Auch das klappt nicht immer und dann wäge ich ab, ob ich es mir neu kaufe oder nicht. Das fällt mir inzwischen leichter, ist aber trotzdem immer wieder eine Herausforderung, weil ich täglich zum Konsum animiert werde durch Werbung und gelernte Verhaltensweisen.

Was motiviert dich?

Mein Kind. 🙂 Ich wünsche mir, dass es auch so ein gutes Leben haben wird wie ich und dass unsere Erde weiterhin lebenswert bleibt.

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